Das Unterrichtskonzept

Besonderheiten des frühen Klavierunterrichts

Die Aufgabe, vierjährigen Kindern Instrumentalunterricht zu erteilen, ist eine pädagogische Herausforderung. In diesem Alter besuchen die meisten Kinder einen Kindergarten, und sie haben gewaltige Entwicklungsschritte noch vor sich, das Heranreifen vom Kleinkind zum Schulkind. Ab dann gehört gezielter Unterricht zum Alltag.

Vierjährige Kinder sind so klein, dass sie noch gar nicht „richtig“ am Klavier sitzen können, und besonders auch Hände und Finger sind zart und schwach. Die Beherrschung der Motorik ist noch längst nicht ausgereift, dafür aber ist der Bewegungsdrang sehr groß. Die Phasen der Konzentration auf eine Sache sind kurz, oft sind die Kinder sprunghaft, leicht abzulenken und schnell entmutigt, wenn etwas nicht klappt. Sie können in aller Regel noch nicht lesen und schreiben und sie verstehen oft nicht die Sprache und Denkweise von Erwachsenen. Sie haben ein starkes Bedürfnis nach sozialem Anschluss und emotionaler Geborgenheit und reagieren empfindlich auf Kritik. Und: Sie wollen spielen!

Widerspricht das nicht allen Bedingungen eines sinnvollen Unterrichts?
Nein – aber der Unterricht muss diese Voraussetzungen berücksichtigen!

Das Konzept des Klaviergartens

Die Grundidee des Klaviergartens lautet: Vom Spiel zum Klavierspiel.

„Spielen ist eine Tätigkeit, die man gar nicht ernst genug nehmen kann“ (Jacques-Yves Cousteau). Diese Aussage ist nicht nur witzig, sondern auch sehr tiefgründig.  Und sie trifft auf die Altersgruppe der Kindergartenkinder besonders gut zu, da sie sich quasi die Welt im Spiel erobern. Ihr Spielen IST Lernen! Und Lernen geschieht im Spiel, ob spontan oder gesteuert.

Wir haben also eine sehr hohe Meinung vom Spielen, es ist eine äußerst anspruchsvolle Tätigkeit. Das wissen wir alle, wenn wir Klavier spielen!

Viele Spiele lassen sich am Klavier und um das Klavier herum musikalisch gestalten. Ob z.B. Sprache mit Klaviertönen „betont“ wird, Märchen, Geschichten oder Bilder in Klang gesetzt werden, durch Fingerspiele pianistische Spielbewegungen vorbereitet werden, ob in einer „Gespensterstunde“ die klanglichen Möglichkeiten des Instruments erforscht werden oder Klänge und Geräusche aus der Umwelt am Klavier dargestellt werden – immer geht es um musikalische Erlebnisse, immer gibt es Raum für Bewegung und für Eigeninitiative der Kinder. Die Lernschritte sind altersgemäß sehr klein und elementar, aber essenziell, und ein Scheitern ist nicht möglich.
Entdeckendes Lernen und Lernen über Nachahmung stehen gleichberechtigt nebeneinander.

Spiel ohne Noten

Das Erlernen der Notenschrift ist hier ausdrücklich noch kein Thema. Ein zu frühes Spiel nach Noten bringt nicht nur eine radikale Einschränkung des Tonraums und des musikalischen Materials mit sich, sondern auch eine zeitaufwendige und mühselige Arbeit des Noten-Buchstabierens, Korrigierens, Übersetzens in Bewegungsabläufe usw., die leicht allen Beteiligten die Freude verdirbt.

Der Klaviergarten zeigt, was Kinder auch und gerade ohne Noten alles lernen können. Nichtsdestotrotz wird das spätere Notenlernen durch einige Spiele und elementare grafische Notation vorbereitet.

Ziele

Ziele eines solchen Unterrichts sind nicht schnelle, vorzeigbare „Erfolge“. Vielmehr geht es darum, die Kinder ohne Leistungsdruck zu fördern und wachsen zu lassen. Das Klavier steht im Mittelpunkt vielfältiger musikalischer Erfahrungen und Aktionen; gleichzeitig werden die Grundlagen für das instrumentale Handwerk geschaffen.
So können die Kinder auf dem Weg vom Spiel zum Klavierspiel eine unbeschwerte, spannende und erlebnisreiche musikalische Kindheit verbringen – die beste Voraussetzung für die lebenslange Freude am Musizieren.

Veröffentlichungen